Amazon-Projekt bei Rohr: Raumverträglichkeitsprüfung nicht nötig –
Gegner erwägen Gerichtsweg
Von Martin Rutrecht
Rohr.
Die Gegner des Amazon-Logistikzentrums bei Rohr müssen einen
Rückschlag hinnehmen. Das Bayerische Wirtschaftsministerium wies
eine Beschwerde der „Bürgerinitiative Region Abensberg“ ab, die auf
eine Raumverträglichkeitsprüfung für den Wirtschaftspark Stock
abzielte. Die BI will das so nicht hinnehmen.
Auf dem Areal des früheren Gutshofs Stocka im Rohrer Ortsteil Bachl
sollen sich auf 38 Hektar ein Amazon-Logistikzentrum (23 Hektar) an
der West- und weitere Firmen an der Ostseite (Panattoni-Park/ 9,5 ha)
ansiedeln. Seit Bekanntwerden der Pläne regt sich Widerstand – vor
allem gegen die Amazon-Halle, die zehn Fußballfeldern entspricht und
eine Höhe von 24 Metern misst.
Die „Bürgerinitiative Region Abensberg und benachbarte Gemeinden“
(BIA) drängt zur Prüfung des Vorhabens auf ein
Raumordnungsverfahren. Dieses würde, vereinfacht gesagt, die
Auswirkungen des Wirtschaftsparks auf einen größeren Umgriff in
der Region untersuchen. Die BIA hat dabei unter anderem die
Verkehrsbelastung durch Tausende Fahrzeuge täglich vom und zum
Logistikzentrum im Blick.
Die Regierung von Niederbayern, die als höhere
Landesplanungsbehörde für das Verfahren zuständig wäre, sieht die
rechtlichen Voraussetzungen jedoch nicht gegeben. Es fehle die vom
Bayerischen Landesplanungsgesetz geforderte „erhebliche
überörtliche Raumbedeutsamkeit des Vorhabens“. Gegen diese
Entscheidung legte die BIA Beschwerde beim Bayerischen
Wirtschaftsministerium ein.
Fachlich korrekt entschieden
Und fiel nun damit durch. Man habe „das Begehren der BIA sachlich
geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Entscheidung der
Regierung von Niederbayern fachlich nicht zu beanstanden ist“, teilt
die Pressestelle des Ministeriums auf MZ-Anfrage mit.
Raumverträglichkeitsprüfungen (RVP) – früher
Raumordnungsverfahren – würden „nur bei größeren und
komplexeren Vorhaben durchgeführt, die eine besondere Abstimmung
auf landesplanerischer Ebene erfordern und ein formelles Verfahren
rechtfertigen“.
Der geplante Wirtschaftspark Stocka falle hier nicht darunter. Die
Auswirkungen auf Raumentwicklung, Siedlungsstruktur oder
Landschaftsbild „sind überregional, aber nicht so bedeutend, dass sie
eine Raumverträglichkeitsprüfung erfordern würden“. Auch bei
ähnlichen Projekten von Amazon-Logistikzentren wurden solche nicht
durchgeführt, gibt das Ministerium an.
Die BIA führt bei ihrer Forderung nach einer RVP immer wieder ein
befürchtetes massives Verkehrsaufkommen in der Region ins Treffen.
Hier gelte, so stellt das Ministerium dar, im Bayerischen
Landesentwicklungsprogramm für Logistikansiedlungen „eine
Ausnahme vom Anbindegebot“. Diese berücksichtige die erhöhte
Verkehrsbelastung, indem sie „die Ansiedlung direkt an
Autobahnanschlussstellen oder deren Zubringer oder an
autobahnähnlich ausgebauten Straßen ermöglicht. Diese Ausnahme
gilt auch für den geplanten Logistikpark Stocka.“ Das Areal liegt nahe
der A93-Anschlussstelle Abensberg.
Für BIA-Vorsitzenden Roland Weiß ist die Aussage des Ministeriums,
dass die erhebliche überregionale Bedeutsamkeit für eine RVP fehle,
„nicht stimmig. Wir akzeptieren die Entscheidung nach wie vor nicht.“
Man werde nochmals ein Gespräch mit München suchen – die BIA war
am 17. Juni bei Minister Hubert Aiwanger – und auf eine erneuerte
Prüfung der Frage drängen. Wie Weiß ergänzt, erwäge man auch die
Beschreitung des Rechtsweges.
Laut Ministerium werde das Projekt auch ohne RVP „umfassend auf
seine Übereinstimmung mit den Anforderungen der Raumordnung
geprüft“. Die Regierung von Niederbayern gebe im Rahmen des
Zulassungsverfahrens landesplanerische Stellungnahmen ab, um
sicherzustellen, dass Ziele und Grundsätze des Landesentwicklungsund
des Regionalplans berücksichtigt würden. „Bei Bedarf werden
Hinweise oder Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit mit den
betroffenen Belangen angeregt.“
BI will Einsicht in Unterlagen
Nach MZ-Informationen hat die Regierung von Niederbayern im Zuge
der frühzeitigen Beteiligung im Bauleitplanverfahren – die Pläne lagen
im März 2024 im Rohrer Rathaus aus – auf eine Eingrünung des Areals
und naturschutzfachliche Belange hingewiesen. „Wir wollen Einsicht
in diese Stellungnahme und auch in die Stellungnahme zu unserer
Aufsichtsbeschwerde“, kündigt BIA-Chef Weiß an.
Seinen Angaben zufolge trifft sich die Bürgerinitiative demnächst mit
niederbayerischen Landtagsabgeordneten, um den politischen Druck
zu erhöhen. Enttäuscht ist Weiß von Wirtschaftsminister Aiwanger:
„Bei unserem Gespräch hat er uns zugesichert, er werde die
umliegenden Gemeinden kontaktieren. Das liegt über einen Monat
zurück – bis heute ist nichts geschehen.“
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